Ich spiele ja schon länger mit dem Gedanken auf die Socialmedia-Blase einzugehen. Endlich habe ich den richtigen Aufhänger dafür gefunden: Meine Mutter hat sich nach Jahren der Verweigerung nun doch auch auf Facebook angemeldet. Für mich der perfekte Zeitpunkt um auf die Probleme, Gefahren aber auch Möglichkeiten des Mediums Socialmedia einzugehen.
Das Leben in einer Blase
Der erste Gedanke der über meine Gerhirnwindungen schoss, als mir meine Mutter ihre Ambitionen eröffnete auch endlich mal an einer Socialmedia-Plattform teilhaben zu wollen, war: „Oh Gott, hoffentlich wird sie nicht eines dieser Opfer der ‚sozialen Blase‘ und glaubt dann den ganzen Informationsmüll, der da so gleichsam sinnbefreit als auch unwahr zu lesen ist.“ Was meine ich aber mit dieser ominösen Blase eigentlich? Das Phänomen, dass sich Eigenheiten und Meinungen der Anwender durch die Funktion des Facebook-Algorithmus verstärken und so zu einer ziemlich unterschwelligen und unbewussten Verblendung führen können. Anders formuliert. Eine Person, die stark politisch gefärbte Inhalte in Facebook konsumiert, „liket“ oder gar an den damit verbundenen Diskussionen teilhat, bekommt mit der Zeit immer häufiger ebensolche Inhalte präsentiert, die deren eigenen politischen Meinung exakt entsprechen. Sollte also jemand super rechts sein, landet sie oder er irgendwann auf Grund der Benutzerinteraktion in einer sozialen Blase, die genau dieses stark gefärbte Weltbild wiederspiegelt, aber wohl nur noch wenig mit der tatsächlichen Realität zu tun hat. Da Menschen ihre Meinung nicht selten über andere Personen bzw. Gleichgesinnte validieren, entstehen dadurch unversöhnliche und stark in eine Richtung geprägte Meinungen. Hier gilt es für Anwender, und ja auch für Dich Mama, eine gesunde Skepsis mitzubringen, gewisse Dinge durchaus tiefgründiger zu hinterfragen, nicht alles zu glauben was im Internet steht und sich nicht zuletzt selbst treu zu bleiben. Als Nachsatz sei nochmal dediziert darauf hingewiesen, dass „politische Meinung“ nur als Beispiel herangezogen wurde und sich dieser Sachverhalt auch in vielen anderen Themenbereich beobachten lässt zB Verschwörungstheorien, Impfgegner, Bildungsfrage, Hunde VS Katzen, Konsole oder PC, und viele leidliche Dinge mehr.
An (anti)social network?
An einem Ort an dem es starke Meinungen gibt sind mittelprächtige Auseinandersetzungen nicht weit. Von daher ist es nicht der scheinbaren Anonymität des Internets geschuldet, dass teilweise der Umgangston untereinander sehr zu wünschen übriglässt. „Der andere weiß doch gar nicht wer ich bin, sieht mein Gesicht nicht, also kann ich ohne weiteres meine gesamte Kinderstube über Bord werfen.“, scheinen sich Leute leider in vielen Fällen zu denken. In diesem Sinne empfehle ich ja das Akronym „ ‚THINK= T…Is it true? H…Is it helpful? I…Is it inspiring? N…Is it necessary? K…Is it kind?’ before you post.” Auf Deutsch “Denken vorm Abschicken eines Beitrags. Mit einer Checkliste Ist es wahr? Ist es hilfreich? Ist es inspirierend? Ist es notwendig? Ist es freundlich?“ Umso mehr dieser Punkte mit einem selbstsicheren „Ja“ beantwortet werden können, umso wahrscheinlicher ist es, dass es sich um einen guten / lesenswerten Beitrag handelt. Kann man beim besten Willen kein „Ja“ finden, sollte man den Inhalt besser nicht abschicken. Zusammengefasst sehr einfach mit ein bisschen Menschenverstand zu regeln. Für mich umso verstörender, dass das immer noch viel zu selten umgesetzt wird.
Von Nachrichten, Lügenpresse und Fake News
Es ist selbst für Leute vom technischen als auch handwerklichen Fach – ich meine damit sowohl für Computerleute wie mich als auch echte Journalisten – oft wirklich nicht einfach Wahrheit und Fiktion voneinander zu unterscheiden. Umso alarmierender ist es, dass vor allem jüngere Generationen dazu neigen Facebook und andere Socialmedia-Plattformen als Nachrichtendienste anzusehen. Ja, es ist richtig man kann sich dort sehr schnell und einfach informieren, allerdings steht und fällt diese Möglichkeit mit dem Damoklesschwert der im vorigen Kapitel beleuchteten Social-Media-Blase und den eigenen Möglichkeiten Nachrichten zu verifizieren bzw. falsifizieren. Zusätzlich kommen da noch andere Akteure ins Spiel, die diese modernen Möglichkeiten zu ihrem eigenen Selbstnutz einsetzen. Das geht von genau abgestimmter personalisierter Werbung von privaten Unternehmen bis hin zur gezielten Massenmanipulation. Als aktuelle Beispiele wären hier die Ungereimtheiten im US-Wahlkampf um die Präsidentschaft und die vermeintliche Einmischung der russischen Regierung Ende 2016 oder wie Werbung leichtfertig mit unserer Gesundheit umgeht zu nennen. In diesem Sinne kann ich Anwendern nur ans Herz legen ihre Nachrichten nicht ausschließlich über Socialmedia-Kanäle zu konsumieren und ggf. falls die Sache wichtig ist und sie persönlich betrifft nochmals dediziert zB über Google oder eine (inter)nationale Tageszeitung nach zu recherchieren. Fremdsprachen, besonders Englisch, helfen in so einem Fall immens weiter! Also lernt Englisch (und noch besser andere Fremdsprachen) und nutzt Anlaufstellen die sich auf diese Probleme spezialisiert haben wie zB Mimikama und diverse Subreddits zB Fakenews. Dinge unverfiziert nachzuplappern ist sehr einfach, zeugt aber hart forumuliert von einem kleinen Geist. Euer Weltbild (oder die Wahrheit, wenn ihr so wollt) sollte es euch wert sein, ein bisschen Energie in die Sache zu stecken. Ganz besonders wenn sie euch direkt betrifft. Es ist immer wieder erschütternd (besonders auf Facebook) zu beobachten wie wenig Wahrheit unter so manchem nachgeplapperten Informationsmüll begraben liegt. Nachtrag: Reddit eignet sich indessen auch insgesamt wesentlich besser zur Informationsbeschaffung als Facebook. Aber das ist dann wohl ein Thema für einen anderen Artikel.
Die vollkommene Ächtung von und der Verzicht auf Socialmedia?
„Marc, also wirklich Dein Betrag liest sich schon ganz schön negativ…”, sprach der Testleser. Und ich gebe es nur ungern zu, aber irgendwie hat er recht. Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, dass ich selbst Socialmedia-Kanäle nutze und diese nicht missen möchte. Sei es jetzt wie im Falle von Facebook um mit meinen ehemaligen Studienkollegen bzw. Freunden aus Kärnten in Kontakt zu bleiben und gemeinsame Termine sowie zu finden als auch zu planen oder wie bei Twitter und Reddit um mich im ersten Fall vor allem über technische Neuigkeiten und bei letztgenanntem über diverse Nachrichten jeder Art zu informieren. Wenn ich Zeit zum Zocken (neudeutsch für computerspielen) habe, drehe ich fast immer Discord auf. Meine Intention bestand nicht darin gewisse Dienste gut oder schlecht zu reden, sondern aufzuzeigen was die größten Stolperfallen und Unzulänglichkeiten von Socialmedia-Plattformen sind, die nur mit einer gewissen gesunden Grundskespis zu durchschauen sind. Diese Tipps haben allenfalls das Potential das persönliche Nutzungserlebnis zu verbessern und zeigen einen möglichen Weg auf sich von etwaigen Problemen fernzuhalten.
Mid 20’s, Software engineer, Game design wannabe, Hobby-journalist and psychologist, Influenced by family jurisprudence, Globetrotter, Spare time fighter (Krav Maga), Bookworm, Obvious nerd, Carinthian from Villach – „zuagraster“ Viennese since 2009